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Das Geschenk des Elfen Es war ein wunderschöner Tag gewesen und nun hatte sich die Familie am Tisch versammelt um zu Abend zu essen. An solchen Abenden trugen die Männer den großen Tisch ins Freie, um unter freien Himmel zu speisen. Die Sonne begann gerade hinter dem Horizont zu versinken, als sich endlich auch die Kinder einfanden. Wie immer hatte sich Großvater ans Kopfende gesetzt, so daß die letzten Strahlen der Sonne sein Gesicht beschienen. Einen kurzen Moment senkten alle die Häupter um still für das Essen zu danken. Danach wurde dem Essen die Aufmerksamkeit zu Teil die ihm gebührt. Großvater aß nie viel und sobald er fertig war nahm er eine wunderschön geschnitzte Flöte hervor und begann zu spielen. Die Flöte war aus einem feingemaserten rotem Holz gefertigt und ein Band mit vielen kunstvoll geflochtenen Knoten hing an ihrem Hals. Die Töne, die ihr der alte Mann entlockte, klangen anders wie alle andere Flöten, welche die Kinder so kannten. Sie klang eher wie das Säuseln des Windes im Gras, wie das Rauschen der Bäume oder dem Regen wie es auf das Dach fällt. Während er spielte schien er alles andere vergessen zu haben. So als würde er ganz woanders sein. Manchmal wenn er so spielte rannen Tränen über sein Gesicht. Zu anderen Zeiten schien sein Lied reines Glück und Freude zu versprühen. Niemand in seiner Umgebung konnte sich dem Zauber seines Spiels entziehen. Wenn alle fertig waren mit Essen, und der Tisch abgeräumt war saß man noch eine Weile beisammen erzählte Geschichten und besprach was am nächsten Tag noch zu erledigen sei. Während das allgemeine Gemurmel langsam anhob hörte man die helle Stimme eines der Kinder "Großvater, woher hast du diese Flöte?." Alle am Tisch hatten die Geschichte schon duzende Male gehört aber sofort ebbten alle Gespräche ab und selbst die anderen Erwachsenen sahen gespannt zu Großvater. Der legte langsam und vorsichtig die Flöte auf ein Tuch wickelte sie sorgfältig ein und schob sie vor sich auf den Tisch. Nach einer kleinen Pause fing er zu sprechen an. "Als eure Großmutter und ich in dieses Land kamen sah es fast genauso aus wie jetzt. Natürlich stand das Haus und der Stall noch nicht." fügte er mit einem Lächeln hinzu. "Marna, eure Großmutter hatte sich fast sofort in diesen Wald mit dem Teich in seiner Mitte verliebt und so beschlossen wir hier unser Heim zu bauen. Die ersten Jahre waren schwer. Nach einem halben Jahr wären wir fast verhungert. Etwa um diese Zeit fand ich einen Wolf. Er war schon alt und konnte nicht mehr selbst jagen. Warum ihn sein Rudel allein gelassen hatte habe ich niemals erfahren. Er sah uns ohne Angst an, so als erwarte er nichts von uns und habe auch keine Angst davor getötet zu werden. Doch Marna wollte dem armen Tier helfen. Sie überredete mich das Tier in unser neues Heim zu bringen. So kam es, daß ich auf einmal ein weiteres Maul zu füttern hatte. Es war ein paar Wochen später, als ich auf dem Feld stand und ein Mann auf mich zukommen sah. Er hatte Hosen aus einem fein gewebten Stoff in einem warmen Grün. Seine andere Kleidung war aus Leder und hatte eine mattbraune Farbe. Er war hochgewachsen und seine Haare hingen ihm bis auf die Schultern herab. Seine Bewegungen waren unglaublich geschmeidig. Es schien fast so als würde er über das Gras schweben. Über seiner Schulter hing ein Bogen und an seiner Seite befand sich ein bestickter Beutel. Als er näher gekommen war sprach er mich an. Ich konnte ihn gut verstehen obwohl seine Sprache einen seltsamen Klang hatte. Ohne Umschweife fragte er mich nach dem Wolf. Es klang so als wisse er, daß wir ihn pflegten, was mir etwas seltsam vorkam. Ich führte ihn zu unserem Haus um ihm den Wolf zu zeigen. Kaum waren wir dem Haus näher gekommen als der Wolf mit einem Satz aus der Tür gesprungen kam und diesen seltsamen Mann umriß. Ich glaubte schon er würde ihn zerfetzen als die beiden anfingen wie junge Hunde miteinander zu balgen. Minutenlang hatten sie ihre Umgebung total vergessen und freuten sich am wilden Tollen. Dann stand der Mann langsam auf richtete seine Kleidung und sah mich freundlich an. "Ich möchte mich bei euch bedanken daß ihr meinen Bruder gepflegt habt. Ich war leider krank sonst wäre ich früher gekommen und hätte mich selbst um ihn gekümmert." Ich verstand zwar nicht so ganz warum er sich für den Wolf verantwortlich fühlte, aber seine Wort kamen von Herzen. Kaum das er das gesagt hatte drehte er sich halb um und hielt dann inne. "Ich werde euch etwas geben aus Dank für eure Tat. Wenn ihr Hilfe braucht legt sie einfach auf den Stein am See und jemand wird euch helfen." Danach drehte er sich ganz um und lief in die Steppe hinein. Als er sich umdrehte meinte ich seine Ohren gesehen zu haben, und sie waren spitz. Ich habe noch nie jemanden so laufen sehen. Er lief schneller als jeder Mensch den ich kenne, und er hörte nicht auf zu laufen solange ich ihn sehen konnte." Einem der Kinder kam das den wohl doch etwas unglaublich vor und fragte "Etwa weiter als bis zum Baumstumpf?." Großvater lächelte und antwortete "Ja mein Kleiner viel weiter als bis zum Baumstumpf. Zwei Tage später fand ich auf der Türschwelle etwas in ein Tuch eingewickeltes Fleisch und diese Flöte. Immer wenn wir nicht genug zu Essen hatten und wir die Flöte vor die Tür legten fanden wir am nächsten Morgen etwas zu Essen. Als mein Sohn euer Vater geboren wurde lag eine fein gewebte Decke auf der Schwelle. Obwohl ich es manchmal versuchte ist es mir nie gelungen unseren Wohltäter zu danken oder ihn auch nur zu sehen. Es war fast so als würde die Steppe selbst uns beschenken. Den Wolf, der uns noch lange Zeit ein guter Freund war, haben wir im Wald bei dem Stein begraben." Danach schwieg er. Das schwache Stimmchen seiner jüngsten Enkeltochter durchbrach das Schweigen, als sie fragte ob diese hübschen Bändchen an der Flöte etwas zu sagen hätten. Wie aus einem Traum erwachend antwortet er "Ich weiß es nicht, vielen Reisenden habe ich die Flöte gezeigt aber keiner konnte mir sagen, ob das etwas zu bedeuten hat." Danach stand er auf und ging müde in seine Kammer. Etwas später gingen auch die anderen Mitglieder der Familie in ihre Betten. Hätte einer von ihnen in der Nacht nach draußen gesehen so hätte er vielleicht eine Gestalt sehen können wie sie zur Türschwelle schlich und sich dann still wieder entfernte. Er sah noch immer nach dem Haus in dem das gute Herz wohnt. Und genau das hatte er in seiner Schrift an die Flöte geknüpft. Als ein paar Jahre später der Großvater starb begrub ihn seine Familie neben den Gräbern seiner Frau und des Wolfs. Seine Enkelin, die mittlerweile zur Frau gereift war, legte das Tuch mit der Flöte auf sein Grab. Als sie ein paar Tage später wieder zum Grab kam war die Flöte fort und ein zierliches Pflänzlein reckte sein Köpfen in die Luft an der Stelle wo das Tuch gelegen hatte. Aus diesem kleinen Trieb wuchs ein Strauch dessen dunkelrote Äste sich wie ein Tuch über die Gräber ausbreiteten. Lainam 1999 |