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Der Klang der Welt

Die Verabschiedung war lang, still und dicht. Als es langsam hell wurde und die Bäume schwarz aus dem grauen Wald hervortraten stand Gnisseldrix auf und ging nach Süden. Moosfax zog seine Decke aus Fasern und Federchen über die Schulter und schlief ein.

Gnisseldrix war wie betäubt. Er, sie fühlte sich weiß, leer, durchsichtig. Wie ein unbeschriebenes Blatt Papier oder ein ungesungenes Lied. Langsam, den Blick starr nach vorn gerichtet stapfte er durch den Wald. Wohin wusste er nicht. Irgendwie erschien ihm Oberonia ein vages Ziel zu sein, aber nach einiger Zeit wurde ihm klar, dass er dort nicht finden würde, was er suchte. Als es Mittag wurde blieb er stehen und kniete sich ins Gras an den Rand einer Lichtung. Vor ihm spielten Kleinfeen in der Sonne. Der Wind wehte die hellen Stimmen zu ihm herüber wie Musik. Begleitet wurden sie vom Rauschen der Blätter und dem Zirpen von Grillen. Ab und zu sang ein Vogel eine kleine Arie dazu oder piepste ein Solo. Gnisseldrix lauschte. Und dann hörte sie einen weiteren Ton, klar und voll, wie eine große Glocke. Leise und doch gegenwärtig klang er. Woher kam dieser Ton? Wer oder was erzeugte ihn? Und je mehr Gnisseldrix lauschte, desto bewusster wurde ihr, dass sie den Ton nicht mit den Ohren hörte, sondern mit den Augen. Es war die große Glocke, die bei Tagesanbruch geschlagen wurde und zum Einbruch der Nacht verklang. Es war die Sonne. Die Sonne, die mit Kraft und Licht alles durchdrang. Atemlos versuchte der kleine Kobold, den Klang nicht zu verlieren und seine ganze Seele dem Ton entgegenzurecken. Sie schloss die Augen und da konnte sie ihn spüren. Er war warm und ehern und unveränderbar, aber harmonisch mit allen Geräuschen, die sie kannte. Gnisseldrix ließ sich vom Ton der Sonne tragen. Sie erkannte über und neben sich andere Töne und Geräusche, die sich ineinander woben, einander krönten oder unterstützten: das Rauschen des Windes, die Stimmen der Vögel und der Feen, die Herzschläge der Tiere, das Wasser, das in den Bäumen und Pflanzen stieg. Und darunter, darunter zog mächtig und tief ein fast unhörbarer Ton dahin. Er war beängstigend groß und trug alle anderen Töne über sich, auch die starke Sonne. Der Kobold bestaunte diesen Urvater aller Töne aus der Ferne, und obwohl er sich schrecklich fürchtete vor dessen unbarmherziger Kraft spürte er doch ein heftiges Sehnen, diesem Ton nahe zu kommen. Er durchdrang alles. Er trug alles. Er war alles. Gnisseldrix war verwundert, dass ihm dieser Ton früher nie aufgefallen war, dass ihm nie aufgefallen war, dass es überhaupt solche Töne gab. Und auf einmal wusste er auch, dass dieser Ton sein Ziel war, dass er von ihm Antworten erhalten würde, wer er in Zukunft sein würde.
Wie er so überlegte, auf welche Weise er zu dem großen alten Ton kommen konnte, hörte er hinter und weit über sich ein kleine, ruhige Melodie. Er drehte sich um und tauchte neugierig auf, um den Ursprung der Melodie zu finden. Als sie ganz nah war öffnete er die Augen. Er sah wieder die Lichtung vor sich, eine Wolke hatte sich vor die Sonne geschoben und ein Lüftchen wiegte die Gräser. In zwei Schritt Entfernung von ihm schwebte ein Windkobold in der Luft. Kleine Wirbel um ihn herum zausten an Haar und Kleidern. Gnisseldrix lächelte, weil sie nun wusste, dass die Melodie, die sie gehört hatte zu einem Naturgeist gehörte, einem Kobold, um genau zu sein. Und dieser Kobold war Wesweh, Bote des Rates von Titania und ihm als Freund gut bekannt. Aber Wesweh lächelte nicht zurück. Er hatte einen ernsten und ein wenig abwesenden Ausdruck in den Augen. "Du?" fragte er leise und schüttelte den Kopf. Gnisseldrix sah ihn erstaunt an und fragte "Ja? Was machst du hier?" "Ich hätte nie gedacht, dass ich dein Träger sein würde." Sagte Wesweh tonlos. Und da begriff Gnisseldrix endlich, seine Augen wurden groß und weit "Du bist gekommen, um mich abzuholen? Ins Seelenmeer?" Wesweh nickte nur. "Aber warum?" fragte Gnisseldrix. Der Windkobold lächelte hilflos "Weil ich deinen Ruf vernommen habe, du weißt doch wie es geht." Gnisseldrix dachte nach. Eine Weile war es still auf der Lichtung, bis auf das leise Rauschen um Wesweh. Und dann dämmerte Gnisseldrix die Erkenntnis herauf, warum er einen Windkobold gerufen hatte, ohne es zu wissen. Ein Windkobold kam nur, wenn ein Naturgeist seine Tage auf der Welt beenden und in das Seelenmeer Lhur del Elomain eingehen wollte. Und der große Ton, der Klang aller Klänge, nach dem er sich so sehr sehnte war der Klang des Seelenmeeres gewesen, der Klang allen Lebens, der Klang der Malataya, der Natur selbst. Ein riesiges Gefühl von Glück stieg in dem kleinen Kobold auf. Er hatte die Seele der Natur gehört. Er hatte gehört, wie sie alles, was lebte in Harmonie brachte. Er wollte zurück zu diesem Klang und seine kleine Melodie mit ihr vereinen. Seine eigene Melodie? Er lauschte. Da war Weswehs ruhiger, ein wenig trauriger Klang und daneben, ganz nah, ein kleines Musikstückchen. Heiter war es, in einem gleichmäßigen Takt mit ein paar verspielten Verzierungen. Er summte es mit und war sich ganz sicher. Das bin ich. Er sah auf, in die Augen des wartenden Wesweh. "Nimm mich mit, Windkobold," sagte er, "bring mich nach Hause." Sein Freund nickte und hielt ihm eine Hand entgegen. Als Gnisseldrix danach greifen wollte stellte er fest, dass seine Hand, ja, dass er selbst durchsichtig geworden war. Aus seiner Brust löste sich ein kleines Leuchten und schwebte auf Wesweh zu. Gnisseldrix lauschte auf seine Melodie, summte sie und hielt sich daran fest. Die Welt verschwamm um ihn herum und er tanzte mit der Musik, berührte jeden einzelnen Ton und hüllte sich darin ein.

Das silberne Leuchten glitt auf Wesweh zu. Mit seiner Hand geleitete er das Lichtlein zu seiner Brust, wo es in ihm verschwand. Er war so traurig gewesen, als sein Freund Gnisseldrix Titania verlassen hatte, um mit seinem Gefährten zur Geisterinsel zu gehen. Aber er hatte gedacht, jetzt würde alles gut werden. Nun waren nicht einmal zwei Monde vergangen und der Waldkobold ging heim ins Seelenmeer. Irgendwie freute es Wesweh, dass er sein Träger sein durfte. Es war immer zugleich eine wunderbare Ehre und ein besonderer Schmerz, wenn man jemand bekanntes oder einen Freund geleitete. Aber sobald die Seele im Herzen des Windkobolds ankam, war da nur noch die Aufgabe. Alles andere musste warten, bis die Seele zu Hause war. Wesweh stieg hoch in den Himmel und während er das tat, summte er ein Liedchen. Erst fiel es ihm gar nicht auf, Windkobolde singen nicht, wenn sie eine Seele tragen. Es war nicht direkt verboten, aber eigentlich erschien es unangemessen und er hatte auch noch nie davon gehört. Aber dieses Lied durchdrang ihn förmlich und klang in seinen Gedanken. Er flog im Takt der Musik durch die Wolken, bis er schließlich die unsichtbare Grenze in seinem Inneren übertrat und sich vor ihm das endlose Lhur del Elomain ausdehnte. Silbern und still lag sein Wasserspiegel. Über ihm wölbte sich etwas, wie eine große, dunkle Höhlendecke. Von Zeit zu Zeit stieg ein leuchtendes Pünktchen auf und verschwand im Dunkel. So wurden neue Seelen geboren, von Naturgeistern, Tieren, Pflanzen und anderen Wesen. Wesweh flog dich über die Oberfläche und tauchte schließlich ein. Er öffnete sein Herz und ließ die Fluten des Seelenmeeres das Fünkchen Gnisseldrix mit sich nehmen. Dann seufzte er tief und stieg wieder auf, schoss nach oben und flog über die Grenze hinaus in den Himmel über Geisterinsel. Die Sonne begrüßte ihn dort und er sang ihr das kleine Liedchen vor, das sich fest in sein Gedächtnis eingebrannt hatte.

Gnisseldrix fühlten den großen, alten Klang immer näher kommen. Mächtig war er und durchdrang alles. Seine kleine Melodie ging fast unter darin, so überstrahlte der Klang alles Bewusste. Er zog an den Tönen seines Liedchens, wann immer ihm einer zu nahe kam und versuchte sie mit sich davon zu tragen. Er zwängte sich in Pausen und zwischen Noten, um die Melodie zu verändern. Aber Gnisseldrix kannte seine Musik gut. Es gab nur noch sie, es war alles, was er war. Aber im Strom des alten Klanges würde es die Melodie irgendwann zerreißen, übertönen. Um sie zu retten musste er den großen Ton zu einer Begleitung werden lassen, musste darauf reiten, anstatt darin mitgetrieben zu werden. Und so summte, tanzte und trällerte er sich nach außen, nach oben. Lange dauerte dieser Weg und Gnisseldrix bekam Angst, sich ganz aufzulösen. Er spürte die Kraft des Stromes, er spürte auch, dass es gut war, dass er alles in sich aufnahm und neu durchmischte, aber sein Wunsch, die kleine Melodie zusammenzuhalten war groß. Und so durchdrangen seine ersten Töne die Oberfläche des großen Tones und webten sich darüber. Nach und nach löste sich die ganze Musik daraus und tanzte auf dem großen Klang, der sie nun begleitete. Gnisseldrix bemerkte, dass sie nicht ganz unverändert geblieben war, wie ein Lied, das von Mund zu Mund geht und jedes Mal ein kleines Bisschen verändert ist in Rhythmus oder Melodie. Aber es war unverkennbar noch sein Lied. Froh und erleichtert sang er es und stellte fest, dass er auf einmal wieder eine Stimme hatte. Er öffnete seine Augen, und sah an sich herab. Er hatte einen Körper, einen kleinen Koboldkörper. Er trug ein blaues Gewand und bestand aus Magie, wie die Windkobolde oder die Mondkobolde. Unter sich sah er sein Spiegelbild in ruhigem, silbernen Wasser.

Das Seelenmeer. Nur bei der Wilden Jagd hatte er es gesehen. Dann ritt er mit vielen Naturgeistern auf seinem weißen Keiler über den Himmel bis ins Lhur del Elomain. Die Wilde Jagd durchmischte es neu und trug dann Millionen kleiner Seelentröpfchen in den beginnenden Frühling. Niemals hatte er sich Gedanken darüber gemacht, welcher Weg hinein- und welcher wieder herausführte. Und nun schwebte er hier, eine Melodie summend und sah um sich nichts als glänzende Wasser. Verzagt hörte er mit dem Summen auf und sank sofort wie ein Stein nach unten. Erschrocken schnappte er nach Luft und es gelang ihm kurz vor der Oberfläche, wieder Atem zu finden, um wieder Töne von sich zu geben. So ging das also, er schwebte mit den Klängen. Das war schön und er begann sogleich seine, und auch ein paar andere Melodien zu summen und zu singen, um sich auszuprobieren. Hinauf und hinunter flog er in Spiralen und Kurven, in Kreisen oder im Zickzack, bis er sich ganz sicher dabei fühlte. Schließlich schwebte er wieder einige handbreit über dem Wasserspiegel und sah sich um. Er musste einen Weg hinaus finden, er wollte wieder zurück in die Welt, nach Magira. Aber das Seelenmeer erstreckte sich in alle Richtungen endlos. Keinen Hinweis gab es, der ein Stückchen Land oder einen Ausgang wies.

Gnisseldrix versuchte es zuerst nach oben. Er sang sich höher und höher, bis er das Seelenmeer nicht mehr sehen konnte und es stockfinster um ihn war. Aber er fand keinen Weg, der ihn fort führte. Als er wieder hinunter sank, sah er in der Ferne einige Fünkchen aufsteigen. Er flog darauf zu und dachte, dass er gewiss einem Windkobold begegnen würde, der ihn mit hinaus nehmen könnte. Aber als er die Stelle erreichte war dort alles wieder glänzend und still. Wohin jetzt? Fragte er sich und drehte sich im Kreise. Wieder sah er in der Ferne einige Lichtpünktchen aus dem Wasser aufsteigen und sauste darauf zu. Doch sie waren ebenso bald darauf im Dunkel über ihm verschwunden, wie die vorher. Langsam begann der kleine Klangkobold zu verzweifeln. Der Mund wurde ihm trocken vom ewigen Summen und Singen und er war inzwischen sehr müde geworden. Immer tiefer sank er dem Wasserspiegel des Seelenmeeres entgegen und er wusste, dass er, wenn er noch einmal darin eintauchte, nicht mehr die Kraft haben würde, dem großen Klang zu entkommen. "Hallo!" rief er über die endlose Weite, "Ist hier denn niemand, der mir helfen kann?" Nichts, nicht mal ein Echo kam zurück. Gnisseldrix fing an zu weinen. Er hatte doch nicht die Kraft aufgebracht, beinahe unverändert aus dem Seelenmeer aufzutauchen, um dann kurz darauf wieder in ihm zu versinken. Sollte es so sein, dass die Malataya nicht verzieh, wenn man sich ihr widersetzte. Hatte er sich denn der Natur selbst widersetzt, oder war auch das, was ihm geschehen war ein Teil von ihr?

Seine Füße berührten schon fast das Wasser, als er in der Ferne einen Nebel über dem Wasser liegen sah. Eigentlich hatte er bisher nirgendwo auf dem Seelenmeer Nebel gesehen und er fragte sich, ob es hier überhaupt so etwas geben konnte. Aber da war er und mit neuer Kraft flog Gnisseldrix darauf zu. Aus dem Nebel löste sich plötzlich ein Mast mit einem Segel, und schließlich glitt lautlos ein Schiff auf ihn zu. Es war ein kleines Boot mit einer kleinen Kabine und einem Ruder am Heck. Das Segel stand in einer kleinen Brise auch wenn kein Lüftchen wehte und hinten an der Pinne saß eine Silberelfe.

Erleichtert landete Gnisseldrix auf Deck und seufzte tief. Dann sah er die Frau genauer an und erschrak. "Luyen!" rief er sie an und lief auf sie zu. "Luyen, was machst du hier? Ich dachte, du bist tot!" er blieb bei ihr stehen und nahm ihr freie Hand. Die Silberelfe hatte bisher in die Ferne gesehen und schien den Kobold erst jetzt zu bemerken. "Luyen," sagte sie, "ja, das war mein Name. Wer bist du, kleiner Freund, dass du ihn kennst?"

"Ich bin es, Gnisseldrix!" antwortete der Kobold. Luyen sah ihn verwundert an. "Gnisseldrix ist ein Waldkobold. Er ist aus Holz und trägt grüne Kleidung. Du bist ein Kobold aus Magie." Der Kobold grinste breit: "Ich habe mich verändert. Ich bin durch das Seelenmeer gegangen und bin ein anderer geworden!" Die Silberelfe wiegte den Kopf " Und was machst du dann noch hier?" fragte sie. Der Kobold schaute betreten zu Boden "Ich weiß nicht, wie ich hinaus komme." Luyen lächelte. "Wie bist du denn hinein gekommen?" Gnisseldrix dachte nach. "Mit einem Windkobold. Ich bin der Musik gefolgt." Sagte er dann. "Der Musik?" fragte Luyen ungläubig. "Ja," antwortete der Kobold eifrig "dem Klang der Malataya. Er ist hier ganz stark und bringt alle Töne der Welt in Einklang!" Luyen zog an der Ruderpinne und ließ das Schiffchen einen Bogen fahren. Das Segel blieb unverändert. "Dann folge den Tönen der Welt, dorthin, wo du hin willst." Sie sah in die Ferne. Gnisseldrix folgte ihrem Blick, doch da war nichts als weites Wasser. "Luyen?" fragte er, "warum bist du nicht ins Seelenmeer eingegangen?" Es war lange still, dann antwortete sie: "Das habe ich mich auch schon lange gefragt. Ich spürte den Schmerz, dann wurde es dunkel und ich hörte den Wind heranbrausen. Der wurde plötzlich sanft, ganz leicht stieg ich in die Höhe und spürte die Anwesenheit eines Naturgeistes, des Windkobolds. Und als ich wieder die Augen öffnen konnte war ich auf diesem Boot und segelte auf dem Seelenmeer. Warum? Habe ich gedacht, warum bin ich nicht verschmolzen mit ihm, warum bin ich immer noch ich und auf diesem Nachen. Aber ich glaube, ich weiß jetzt warum." Gnisseldrix sah sie mit großen Augen an. "Ich wollte noch einmal Nachricht von Zuhause haben, wollte noch ein einziges Mal wissen, dass das Leben und die Welt weitergehen, dass es noch Frohsinn und Neubeginn gibt, dass der Krieg um die Zitadelle und mein Ende nicht sinnlos gewesen sind." "Das sind sie nicht," sagte der Kobold leise, "die Welt ist voller Leben, voller Kraft und Klang und man singt viele Lieder über die Schlacht am Pol." Luyen nickte bedächtig und dann seufzte sie tief. Auf einmal sah sie sehr müde aus. Eine kleine Weile war es still in dem Boot, hier und da stiegen kleine Lichtfunken aus dem Wasser auf und verschwanden wie Sternschnuppen auf dem Heimweg im Dunkel über ihnen.

"Ich glaube, ich weiß jetzt, wie ich zurückkomme in die Welt." Sagte Gnisseldrix plötzlich in die Stille: "Ich folge deinem Lied." Die Silberelfe blickte verwundert zu ihm hinüber "Meinem Lied?" fragte sie. Er nickte und schwebte schon summend drei Handbreit über dem Boot. Luyen hob die Hand zum Gruß und winkte dem Kobold zu. "Dann wünsche ich eine gute Reise und Grüße Titania von mir." Sie bewegte die Ruderpinne und Gnisseldrix sah, wie sich ihr Boot nicht mehr auf dem Wasser bewegte sondern in das Wasser hinein. Einen kleinen Moment sah er ihr noch nach, wie sie mit dem Boot langsam im Seelenmeer verschwand, aber dann zog und zerrte eine Melodie an ihm, dass er ihr nicht mehr widerstehen konnte. Er lauschte. Da war es, das Lied von Luyen del Riya. Wie ein silbernes Fädchen tanzte es um ihn herum. Er griff danach und mit einem Schwung zog es ihn in die Höhe und in den blauen Himmel hinein. Gnisseldrix spürte Sonne über sich, Wind in seinen Kleidern und hörte das Jubilieren einer Lerche. Er war wieder da. Er war ein anderer, aber er war wieder da. Nun musste er einen Barden finden. Einen Barden, der das Lied von Luyen del Riya aufschrieb und vortrug. Und wo war ein Künstler besser zu finden als in Titania!

Irgendwo in den Höhlen von Erzquells Rock legte sich ein Luftwirbel. Seit vielen Monden war er durch die Höhlen und Spalten gesaust und hatte es im Berg heulen und klagen lassen. Mit einem leisen Seufzen kam er zur Ruhe und mit ihm die Bewohner des Berges, die zum ersten Mal seit langem wieder ruhig schlafen konnten.


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