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Die Volkszählung von Ker Od'thalan

"Wennu das jetz'noch schaffscht, sszäähl isch alle Naturrgeischter in hia in der Schtadt." nuschelte Piriell sei zwergisches Gegenüber an.
Jeder der Anwesenden, in der Halle von Ker Od'thalan blickte zu dem Tisch der beiden und beobachtete ihr Wettrinken.
Der Blütenweinbrand auf den sich die beiden, zur Durchführung ihrer Wette, geeinigt hatten, war zwar bekannt dafür, das nicht nur Feen ihn vertragen, sondern er auf jedes Wesen eine gleich starke Wirkung hat, egal wie Groß, aber in diesem Fall würde das Piriell nichts nützen. Er hatte mit Hilfe dieses Schnapses zwar schon etliche Großlinge unter den Tisch gesoffen, doch in diesem Zwerg hatte er seinen Meister gefunden.
Hätte Piriell mehr von Zwergen gewusst, wäre ihm bekannt gewesen, das diese zwar alkoholische Getränke sehr schätzen, sie aber wie jede andere Art der Nahrung unverarbeitet wieder ausscheiden, wodurch es ihnen vollkommen egal sein kann , wieviel Alkohol ein Getränk enthält.
So war auch dieser Zwerg nach seinen 12 Glas Brandwein noch so nüchtern wie ehedem und streckte Piriell nun seine Hand über den Tisch entgegen.
"Einverstanden! Wenn ich diesen Becher noch schaffe will ich von dir wissen wieviel Bewohner Ker Od'thalan hat."
Der Fee wankte auf die Hand des Zwergen zu, ergriff die Spitze eines seiner steinernen Finger und schüttelte diesen. Er wollte auch was sagen, doch was immer es gewesen sein mag es war ihm entfallen.
So nickte er nur kurz und blickte dem Zwerg so Siegessicher entgegen wie es ihm sein derzeitiger Zustand erlaubte.
Der Zwerg griff in aller Ruhe zu dem fingerhutgroßen Becher der vor ihm stand, hob ihn an die Lippen und lehrte ihn mit einer eher beiläufigen Bewegung.

Piriell stand mit weit geöffnetem Mund auf der Tischplatte und starrte abwechselnd den Zwerg und das leere Glas an, das der Zwerg vor ihn gestellt hatte.
Er beugte sich über den Rand des Glases und starrte in sein inneres um vielleicht dort einen Grund für das wundersame Verschwinden des Inhaltes zu finden.
Oh! meinte der Fee, als ihm dämmerte, das der nächste Tag einiges an Arbeit für ihn beinhalten würde.

Das Erwachen war fürchterlich.
Erst war es hell.
Dann war es laut.
Dann begann ein Erdbeben.
Und schließlich bohrte sich noch irgend etwas in Piriells rechte Schulter.
Er versuchte das zwergische Paukenorchester in seiner Schädel zu ignorieren und zwang sich langsam ein Auge zu öffnen. Erschloss es aber, geblendet von dem vielen Licht, das wie Nadelstiche in sein geplagtes Hirn stach, sofort wieder und war erst in einem zweiten Anlauf in der Lage, seine Umwelt zumindest ansatzweise zu erkennen.

An Piriells Bett aus Mäusehaar stand sein Freund, der Kobold T'lix der ihn geweckt hatte und ihn nun ermunterte aufzustehen. "Guten Morgen, Piriell!
Zeit Leute zu zählen. das wird ein Haufen arbeit!". Piriell wusste nicht ob er sich erst waschen oder erst T'lix hinauswerfen sollte.
Wozu hat man denn nun Freunde? Doch damit sie einem halfen eine Ausrede zu erfinden oder um einen zu vertreten, aber doch nicht um einen an so etwas wie Arbeit zu erinnern.
Er entschied sich aber doch für etwas Reinlichkeit, und erhob sich. Er trat zu seiner Nussschale, füllte sie mit Wasser und tröpfelte sich ein wenig davon ins Gesicht. Schließlich öffnete er vollends die Augen und sah T'lix vorwurfsvoll an.
"Erinnerst du dich nicht mehr an dein Versprechen gestern?" meinte dieser.
"Du wolltest alle Naturgeister zählen!"
"Nur die in Ker Od'thalan" knurrte Pirielt unwirsch und wandte sich zum Gehen.
Dabei deutete er auf T'Iix und brummte: "Eins!"

Die Bewohner der Stadt der winde, waren bald gezählt, handelte es sich doch um Piriells nächste Nachbarschaft.
Er flog also in die hohe Stadt zu den Elfen und begann diese zu zählen.
"Zweihundertvierunddreißig, zweihundertfünfunddreißig, zweihundertsechsunddreißig...!" zählte er und deutete dabei stets auf denjenigen den er gerade gezählt hatte.
Das Zählen machte Piriell irgendwann sogar Spaß und so flatterte er fröhlich zwischen den Leuten umher und flog auch ab und zu in eine Wohnung um dort die Leute zu zählen.
Die Naturgeister drehten sich nach dem Fee um und blickten ihm nach, denn eine Fee die laut und falsch singt oder eine die Unfug treibt war man ja gewohnt, aber eine die zählend umherflatterte kannte man nicht.
Er sprach auch mit niemandem oder stellte Fragen, er zählte nur einfach.
Als er auch die hohe Stadt hinter sich gelassen hatte flatterte er hinunter in die ebene Stadt und begann dort sein Treiben.
"Vierhundertundeins!" murmelte er als er an einem Faun vorbei flatterte, der gerade die Stadt in Richtung Fluss verließ.
"Halt!" brüllte Piriell plötzlich. "Was tust du denn da?"
Der Faun blickte sich, selbst keiner Schuld bewusst um und fragte dann: "Ich? Ich gehe zum Penraill."
"Du willst die Stadt verlassen?" fragte Piriell den Faun bestürzt, der nickend bejahte.
"Wie soll ich denn da zählen, wenn ihr wie Wild rein und raus stürmt?" fragte der Fee ganz entgeistert.
Dieses Problem hatte er nicht bedacht.
Um sein bisheriges Ergebnis nicht zu vergessen murmelte er leise die Zahl Vierhundertundeins vor sich hin, woraufhin ihn der Faun fragend ansah.
"Was murmelst du da?"
"Vierhundertundeins! So weit bin ich bisher." meinte Piriell.
" So weit womit?" wollte der Faun wissen.
"Mit der Volkszählung, selbstverständlich!"
"Mit der Was?" fragte der Faun abermals.
"Ich soll die Einwohner von Ker Od"thalan zählen und das kann ich schlecht, wenn ihr dauernd in die Städte hinein und wieder hinaus lauft." grummelte die Fee leicht gereizt.
" Das stimmt!" meinte der Faun und kratzte sich nachdenklich an einem seiner Hörner. "Du müsstest eben schneller zählen als die anderen umherlaufen können." meinte er schließlich.
"Dazu bräuchte ich Hilfe! Würdest du mitmachen?" fragte die Fee , über soviel Weisheit bei einem der sonst doch eher etwas gedankenlosen Faunen, sichtlich überrascht.

Der Faun willigte ein ihm zu helfen und nach kurzer Suche fanden Piriell und Hylandros, so hieß der Faun, noch ein gutes Dutzend Helfer, unter Ihnen auch T'iix, die bereit waren mitzuhelfen.
Nachdem Piriell ihnen erklärt hatte, was sie zu tun hatten, stoben in allen Richtungen davon und zählten wen sie antrafen.
Piriell wurde von einer Kleinfee aufgehalten, die ständig über die Stadtgrenze ihre Kreise flog und so seine Rechnung dauernd durcheinander brachte.
Er saß gut zwei Stunden da und zählte: "Sechshundertundzwölf, sechshundertundelf, sechshundertundzwölf. sechshundertundelf, sechshundertundzwölf, sechshundertundelf...?"
Schließlich erklärte er die Fee zur Variablen und ignorierte sie.
Nykaros hingegen ärgerte sich mit den Feuerkobolden im Magmabecken der Kristallstadt herum die ihm partout nicht verraten wollten wieviele von ihnen momentan im Becken badeten und er solle gefälligst selbst nachsehen. auch die Anzahl der Naiaden, die in den Wasserfällen ihre Wohnstadt haben, war nicht gerade leicht zu ermitteln.
Schließlich aber, am frühen Abend trafen alle "Volkszähler" wieder zusammen und rechneten zusammen.

Pwyll, der Vermittler von Ker Od'thalan, verließ gerade nach einem anstrengenden Tag, sein Empfangszimmer in der hohen Stadt.
Der Tag hatte ihn mit all den üblichen Kleinigkeiten überschüttet, die Ker Od'thalan schon immer für ihn bereithielt und auch das Dutzend wildgewordener Kleinfeen, Kobolde und ähnlichen, die alle halbe stunde bei ihm herein geplatzt waren, ihm eine Zahl um die Ohren geworfen hatten und wieder gingen, hatten seine Laune nicht wesentlich heben können.
Gerade diese Plagen hatten sich nun offensichtlich vereint und stürzten nun auf ihn zu, um ihm für heute den Gnadenstoß zu versetzen.
Doch anstatt, das sie ihn wieder mit Zahlen traktierten trat eine Fee auf ihn zu und sprach ihn an.
"Pwyll!" meinte der Fee "Wir haben die Stadt fertig gezählt!"
"Wie bitte?" fragte der Stadtherr "Was habt ihr fertig gezählt?"
"Na die Einwohner von Ker Od"thalan!" meinte nun ein Braunchen.
Langsam dämmerte es Pwyll was der ganze Aufwand bezweckt hatte. Er hatte von dem Versprechen einer Fee gehört, alle Bewohner zu zählen und es kam ihm eigentlich sehr entgegen, zu wissen wieviele Naturgeister momentan in den Städten leben.
"Nun wieviele sind es denn nun?" wollte er wissen.
"Achtzehntausendneunhundertsiebenundachtzig und eine Variable von eins!" meinte Piriell.
"Und meine Schwester Ilssilessa!" rief ein Atomie mit fiepsiger Stimme dazwischen, "Aber die ist verreist."
Pwyll kniff ungläubig die Augen zusammen und wünschte sich weit, weit fort.
Sicher, Ker Od"thalan ist keine kleine Ansiedlung, aber Achtzehntausend..., damit hätte die Stadt durchaus mit Oberonia in Konkurrenz treten können.
Ihm schwante übles, als er sich an all diejenigen erinnerte die ihn "gezählt" hatten und er fragte: "Seid ihr euch ganz sicher, das ihr niemanden doppelt gezählt habt?"
Die ganze Gruppe nickte eifrig und blickte ihn erwartungsvoll an.
Pwyll überlegte kurz und fragte dann: "Wer von euch hat denn in der blauen Stadt gezählt?"
"Ich!" riefen fünf von ihnen stolz.
"Und wer war in der tiefen Stadt?"
"Ich!" meinten einige andere, jetzt eher kleinlaut.
Die Gruppe sah Piriell fragend an.
"So wird das nichts!" meinte dieser und wandte sich an den Vermittler.
"Wie sollen wir sie alle zählen wenn sie dauernd wie aufgeschreckte Ameisen umherlaufen?"
"Das Laufen wirst du ihnen nicht verbieten können" meinte Pwyll. "Und in ihre Wohnungen sperren kannst du sie auch schlecht. Aber vielleicht kannst du sie alle an einen Ort locken."
"Au ja!" rief Xarex laut aus "wir können Nüsse auslegen!"
"Nein!" meinte Pwyll. "Aber vielleicht könnte euch ein Fest weiterhelfen!"
Die Idee gefiel ihnen und nach recht kurzer Unterredung ließen sie den Vermittler einfach stehen und liefen davon um Vorbereitungen zu treffen.

Fast alle Einwohner Ker Od"thalans waren auf einem Hügel versammelt und feierten ei rauschendes Fest. Für jedes Volk gab es Speisen und Getränke und die Dryaden zeigten ihre gewagtesten Tänze. Piriell und seine Helfer hatten alle Bewohner der Stadt eingeladen und einen Festplatz hergerichtet.
Der gesamte Hügel war von einem Wall aus bunten Tüchern umringt, die richtig beleuchtet faszinierende Schattenspiele erzeugten. An der einzigen Öffnung schwebte Piriell und zählte alle ankommenden. Als der Strom der Besucher dann langsam versiegte, kam T"lix angelaufen, der all diejenigen gezählt hatte die nicht auf dem Fest erschienen waren.
Die beiden steckten ihre Köpfe zusammen und addierten ihre Ergebnisse.
Dann schickten sie Hylandros los um den Zwerg zu informieren.
Als der ihn gefunden hatte sah Piriell wie der Zwerg sich nach dem Fee umwandte und ihm mit dem schweren Humpen den er ihn der Hand trug zuprostete.

"Nun habt ihr es doch noch geschafft!" sagte Pwyil der nun an Piriell und Xarex herantrat.
"Ja!" meinte Piriell glücklich "endlich!"
"Wieviele sind es denn nun?" fragte der Vermittler neugierig.
Piriell Überlegte kurz, warf dann Xarex einen blick zu, der von diesem ebenso erwidert wurde und beide sahen den anderen Fee dann betreten an.
"Ihr habt es schon wieder vergessen! Nicht wahr?" fragte Pwyll mit erschöpftem Tonfall.
Die Beiden nickten verlegen.

Pwyll na Gal-Taure
1992